Ein Mann umarmt zwei Personen
Predigt,  Religion

Neujahr
Free Hugs von Gott

Vor einigen Jahren kam aus Australien eine Bewegung auch nach Deutschland, die sich Free Hugs nannte. Free Hugs, also kostenlose Umarmungen haben Menschen zum Beispiel Passant:innen in Fußgängerzonen angeboten, indem sie ein Pappschild mit dem Schriftzug hochhielten. Viele Menschen haben sich davon ansprechen lassen und wurden für einen kurzen Augenblick umarmt.

Dahinter steht die Wahrnehmung der meisten Menschen, dass Umarmungen uns guttun. Sei vermitteln Nähe, Zuneigung, Geborgenheit und Schutz, manchmal auch Intimität. Natürlich können Umarmungen auch unangenehm sein. Daher ist es wichtig, sensibel dafür zu sein, wann es angemessen ist, jemanden zu umarmen.

In der Coronazeit jedenfalls haben vielen Menschen die Umarmungen gefehlt. Das hat möglicherweise zusätzlich für Stress gesorgt, denn die Psychologie hat bestätigt, dass Umarmungen das Stresshormon Cortisol senken und sogar Blutdruck und Herzfrequenz reduzieren.[1]

Aber auch ohne wissenschaftliche Erkenntnisse tut es den meisten Menschen von Zeit zu Zeit gut, sich umarmen zu lassen.

Sich von etwas berühren zu lassen, das ist deswegen auch zu einer Redewendung geworden. Wenn uns etwas emotional anspricht, dann sind wir davon berührt, vielleicht sogar ergriffen. Wenn ich dafür ein Körperorgan benennen müsste, wäre es wohl am ehesten das Herz. Was mich berührt, spricht mein Herz an.

So ist es wohl auch zu verstehen, dass „Maria alles, was geschehen war, in ihrem Herzen“ bewahrte (Lk 2,19). Sie lässt sich von all den Ereignissen der letzten Tage berühren und spürt dem weiter nach, indem sie es in ihrem Herzen bewahrt. Auch die Hirten, die jetzt in ihren Alltag zurückkehren, hat die Begegnung mit Jesus tief berührt. Sie rühmen und preisen Gott, auch als sie schon wieder bei ihren Herden sind.

Da kann ich auch fragen: Was berührt mich? Eine Begegnung mit Menschen, ein Erlebnis, eine Erfahrung mit dem Heiligen?

Paulus schreibt in seinem Brief an die Gemeinde in Galatien auch etwas über das Herz: „Gott sandte den Geist seines Sohnes in unser Herz.“ Spüre ich diesen Geist in mir wirken? Lasse ich mich von diesem Gott berühren oder bin ich abgelenkt von anderen Sinneseindrücken? Scheint mir dieser Gott zu weit weg?

Selbst wenn dieses Gefühl gerade nicht so spürbar ist, macht Paulus deutlich, dass es dieser Geist in uns ist, der ruft: „Abba, Vater!“ Der Geist, der in uns betet, bewirkt schon von sich aus, dass wir die Hände nach Gott ausstrecken, dass er uns umarmen kann. Es ist eine Zusage, die einen gelassen machen kann. Es ist nicht immer notwendig, selbst die Initiative zu ergreifen. Es ist auch gut, sich zurückzulehnen, sich selbst von Gott berühren zu lassen.

Der Segen, den wir in der ersten Lesung gehört haben, der sogenannte aaronitische Segen, macht genau diese Zusage, dass Gott mitgeht, auch wenn wir ihn gerade nicht spüren.

Das kann entlasten, wenn wir auf das Jahr schauen, das vor uns liegt. Vermutlich wird es auch in diesem Jahr wieder viele Überraschungen geben, manche Hoffnungen werden enttäuscht werden. Aber anderes wird vielleicht auch überraschend gut gelingen.

Beginnen wir den Weg in das neue Jahr im Vertrauen darauf, dass Gott uns begleiten wird. Und versuchen wir, wie Maria, alles, was wir in diesem Jahr erleben werden, im Herzen zu bewahren. Lassen wir uns berühren von den Menschen, die uns in diesem Jahr begegnen werden! Und lassen wir uns von Gott berühren. Auch seine Umarmungen sind kostenlos.


[1] https://www.meinwegausderangst.de/umarmungen/, Zugriff am 30.12.2023

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