2. Adventssontag, Lesejahr A
Neue Wege in ein erfülltes Leben entdecken
Kennen Sie Maja Göpel? Bis vor wenigen Wochen sagte mir dieser Name nichts, dann wurde sie mir immer wieder auf Instagram in meine Timeline gespült. Manchmal sind die Algorithmen dann doch hilfreich, denn was diese Frau sagt, ist aus meiner Sicht unheimlich relevant und obendrein unterhaltsam. So bin ich auf einen Vortrag von ihr an der Leibniz-Universität in Hannover gestoßen.
Maja Göpel ist Professorin und forscht zu Fragen einer nachhaltigen Transformation (Veränderung). Statt darüber zu reden, wie schlecht alles ist und wie viel schlechter es noch werden kann, fragt sie, wie wir die Welt nachhaltig gestalten, also lebenswert für alle machen können. Sie schaut also sozusagen von der Zukunft auf die Gegenwart und fragt: Wie kommen wir da hin? Einerseits macht sie deutlich: der aktuelle Weg hat angefangen zu bröckeln und hat keine Zukunft. Andererseits ermutigt sie und sagt: Wir können einen neuen Pfad finden. Und sie beschreibt ihn sogar.
Sicher ist Maja Göpel keine Prophetin, so wie Johannes der Täufer einer ist (vgl. Mt 3, 1–12). Sie verweist auch nicht auf Jesus Christus, wie Johannes das tut. Aber auch sie ruft eindringlich zu einem Umdenken auf und ermutigt, Dinge besser zu machen. Deshalb finde ich das, was sie sagt, prophetisch. Denn auch die Propheten haben ja vor allem auf das alltägliche Verhalten der Menschen geschaut. Ihre Botschaft lautet: ein Umdenken ist vor allem gut für uns selbst.
Mit der Aufforderung umzudenken bzw. umzukehren ist Johannes der Täufer überaus erfolgreich. Ich finde das erstaunlich, denn er wird nicht gerade sympathisch beschrieben mit der Art, wie er sich kleidet und wie er lebt. Obendrein spricht er knallhart das an, was schiefläuft. Ohne Umschweife sagt er: »Kehrt um!«
Damit möchte er nicht erreichen, dass die Menschen einfach zu einem Ausgangspunkt in ihrer Vergangenheit zurückkehren, an dem noch alles in Ordnung war in ihrem Leben. Nein, sie sollen sich etwas ganz Neuem zuwenden. Nicht einfach die alten Pfade in Stand setzen, sondern neue Wege bauen, hin zu einem neuen Ziel. Damit macht Johannes etwas Geschicktes: Er sagt nicht »Bisher seid ihr rundweg schlecht gewesen.« Das würde niemanden aufrütteln. Stattdessen sagt er: »Es kommt etwas Besseres für euch. Darauf müsst ihr euch vorbereiten, indem ihr das Alte hinter euch lasst.« Nicht die schlechte Vergangenheit, die Sünde, rückt Johannes der Täufer also in den Mittelpunkt, sondern den Ausblick. Er macht Mut, aufzubrechen in neues erfülltes Leben.
Viele lassen sich darauf ein. Äußerlich zeigen die Menschen, dass sie bereit sind, ihr Leben neu auszurichten, indem sie sich von Johannes taufen lassen. Wirklich verändern tut diese Taufe die Menschen zwar nicht; das müssen sie schon selbst in Angriff nehmen. Die Umkehr, die Metanoia, wie es im Griechischen heißt, ist deswegen auch etwas, was innerlich geschieht im Herzen. Ganz wörtlich über-denken Menschen da ihr bisheriges Leben und fragen sich, wovon sie sich abwenden und was sie verändern müssen. Das dürfte ein längerer teils unangenehmer Prozess sein. Dass die Menschen dafür in die Wüste gehen, kann sie beim Nachdenken unterstützen. Und auch dass sie von Johannes mit Wasser übergossen werden, bestärkt sie darin, jetzt auch weiterzugehen. Symbole und Riten können helfen. Doch was ist das Ziel des neuen Weges?
Johannes der Täufer macht deutlich: dieses Ziel heißt Jesus Christus, selbst wenn er den Namen hier noch nicht offen ausspricht.
Als Christ:innen, die wir heute das Evangelium hören, wissen wir: Wir sind schon einen Schritt weiter. Sogar die Taufe mit dem Heiligen Geist, die Johannes erst noch ankündigt, haben wir schon empfangen. Das Reich Gottes oder die Herrschaft der Himmel, wie es im Matthäus-Evangelium heißt, hat also schon begonnen für uns. Aber diese Herrschaft Gottes ist eben noch nicht vollendet. Deswegen müssen auch wir weiterhin aufpassen, ob wir noch auf dem richtigen Weg sind. Wie Johannes die Pharisäer und Sadduzäer davor warnt, sich auf dem Erreichten auszuruhen, dürfen auch wir uns davon angesprochen fühlen und sollen immer bereit unser Leben zu über-denken, damit wir alle auf eine erfüllte Zukunft zugehen.


